Der Chemie in Aerosoltröpfchen zuhören

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Wissenschaftlern der Forschungsgruppe um Prof. Signorell gelang es erstmals, die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen, die in Aerosoltropfen in der Atmosphäre stattfinden, mittels eines Modells nachzustellen. Mithilfe einer neuen experimentellen Anordnung konnten sie zeigen, dass feinste Tröpfen wie Linsen wirken können, die das Sonnenlicht so fokussieren und photochemische Reaktionen um bis zu eine Potenz steigern können.

von Joachim Schnabl
Listening in on the Chemistry of Aerosols

Sonnenlicht, welches durch Aerosoltröpfchen einfällt, steuert photochemische Reaktionen, die eine Auswirkung auf die Chemie der Atmosphäre haben und damit auch auf unser Klima. Die winzigen Aerosoltröpfchen können einfallendes Sonnenlicht wie ein Brennlinse im Nanomasstab fokussieren und so in Abhängigkeit von ihrer Grösse chemische Reaktionen beschleunigen. Um die Geschwindigkeit solcher Reaktionen zu verstehen und damit präzisere Klimamodelle zu entwickeln, ist es wichtig, die Absorption des Lichts und die Fähigkeit der Strahlungsaufnahme von einzelnen Aerosoltropfen messen zu können.

Vergrösserte Ansicht: quarz stimmgabel

Den Forschern um Professor Signorell gelang es, einen Versuchsaufbau zu entwickeln, der es erlaubt, das photochemische Verhalten von Aerosol-Nanotropfen zu messen. Deren Photochemie wird von Oberflächeneffekten, Transporteigenschaften und vor allem von optischen Phänomenen beeinflusst. Aus diesem Grund wurden die Messungen direkt an winzigen Tröpfchen gemacht, die atmosphärische Aerosole repräsentieren. In der Versuchsanordnung wurden einzelne Nanotropfen mit Hilfe einer optischen Pinzette festgehalten, nämlich einem Laserstrahl mit der Fähigkeit, kleinste Partikel zu räumlich fixieren. Mit einem zweiten Laser, der auf das Nanotröpfchen fokussiert, wird der Zerfall der photoaktiven Moleküle angeregt, die im Tröpfchen gelöst sind – in Analogie zu den photochemischen Reaktionen, die in der Atmosphäre stattfinden. Der Zerfall von Molekülen resultiert in einer geringeren Absorption, welche in hoher Präzision mit Hilfe eines sogenannten photoakustischen Aufbaus gemessen werden kann. Dabei bewirkt die Wärme, die bei der chemischen Reaktion entsteht, eine lokale Erhöhung der Temperatur der umgebenden Luft. Dies erzeugt eine akustische Welle, welche mittels eines unmittelbar daneben platzierten Mikrofons gemessen werden kann. In einer noch empfindlicheren Anordnung wird das Mikrofon durch eine winzige Quarz-Stimmgabel ersetzt, zwischen deren Zinken das Tröpfchen von der optischen Pinzette in Schwebe gehalten wird. Die Vorteile dieser Stimmgabel sind eine verbesserte Genauigkeit der Detektion bei gleichzeitiger Unempfindlichkeit gegenüber Hintergrundrauschen. Um die Abnahme der Absorption in Abhängigkeit vom Durchmesser des Tröpfchens messen zu können, wird gestreutes Laserlicht mittels einer digitalen Kamera gemessen, was eine direkte Messung der Tropfengrösse ermöglicht.

Die Forscher konnten zeigen, dass winzige Partikel (kleiner als ein Mikron) mit einem Durchmesser von 500 nm eine bis zu 10fache Steigerung der Lichtabsorption bewirken können, und so chemische Reaktionen um eine Potenz steigern können. Dies unterscheidet diese Partikel von Tröpfchen im Mikrometerbereich. Diese wirken nicht wie Sammellinsen, sondern zeigen das gleiche Absorptionsverhalten wie dünne Filme gleichen Durchmessers wie die Tröpfchen.

Dieser photoakustische Aufbau ermöglicht nun zum ersten Mal die direkte Beobachtung des photoaktiven Schritts in der Chemie einzelner Aerosoltröpfchen. Gezeigt wurde eine starke Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Tröpfchengrösse mithilfe von Messungen, die das Verhalten von typischen Aerosolen widerspiegeln. Durch die winzige Quarz-Stimmgabel kann eine bisher nie erreichte Empfindlichkeit bei sehr niedrigem Hintergrundrauschen realisiert werden. Ein weiterer Vorteil des Aufbaus sind Experimente in extrem kleinen Volumina: Nanotropfen können weniger als 10 Attoliter (10-18 Liter) enthalten. Die Erforschung der Photokinetik von einzelnen Nanotropfen ist nur ein Beispiel, wie diese neue Methode genutzt werden kann – dieser Versuchsaufbau eignet sich für eine Vielzahl unterschiedlicher Experimente an singulären Nanotröpfchen.

Photoacoustics of single laser-trapped nanodroplets for the direct observation of nanofocusing in aerosol photokinetics

Johannes W. Cremer, Klemens M. Thaler, Christoph Haisch, and Ruth Signorell
Nature Communications,
7 (2016), 10941. externe SeiteDOI

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