Paradigmenwechsel bei Industrie-Katalysatoren

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Alkenmetathese ist eine weit verbreitete chemische Reaktion mit der jährlich Millionen Tonnen von Propen hergestellt werden. Ein Team von Forschern aus den Labors von Prof. Copéret (ETH Zürich) und Mashima (Osaka Universität) entdeckten einen neuen Ansatz, um Katalysatoren für die Alkenmetathese zu aktivieren. Das Senken der Reaktionstemperaturen von etwa 400 °C auf 70 °C erlaubt auch die direkte Umwandlung von Biomasse.

von Joachim Schnabl
Vergrösserte Ansicht: metathesis at low temperatures
(Bild: ACS central science)

Die Alkenmetathese ist in der Industrie für Anwendungen in der Petrochemie und der Herstellung von Polymeren oder Feinchemikalien weit verbreitet. Mit Hilfe dieser Reaktion werden jährlich mehrere hundert Millionen Tonnen von Propen produziert. Die Bedeutung der Alkenmetathese für die chemische Forschung hat ihren Ursprung in der Effizienz dieser Reaktion. Es entstehen wenig Nebenprodukte (Atomeffizienz) und sie ist vielfältig anwendbar. Der Prozess, der auch als der Olefin-Metathese bekannt ist, basiert auf Katalysatoren, die in der Regel aus billigem Siliziumdioxid-gebundenem Wolframoxid (WO3 / SiO2) bestehen. Nachteile solcher Katalysatoren sind hohe Temperaturen, die für den Betrieb benötigt werden (~ 400 °C), die geringe Toleranz für funktionelle Gruppen und eine geringe Selektivität wegen Isomerisierung der Doppelbindungen.

Das Team von Forschern aus den Gruppen von Prof. Copéret und Mashima haben nun einen Weg gefunden, die Betriebstemperatur für die Metathese-Reaktion drastisch zu reduzieren. Durch die Behandlung der Katalysatoren mit einem geeigneten siliziumorganischen Reduktionsmittel konnten sie Katalyse bei nur 70 °C beobachten. Dies bedeutet nicht nur eine massive Reduktion des Energiebedarfs für die Metathese-Reaktion – zum ersten Mal können klassische industrielle Katalysatoren für die Umwandlung von funktionalisierten Substraten aus der Petrochemie und auch von Biomasse eingesetzt werden.

Entwicklung eines definierten Modellsystems

Im Gegensatz zu homogenen Katalysatoren, die schon bei Raumtemperatur eine hohe Aktivität zeigen, benötigt man für deren heterogene Pendants immer noch hohe Aktivierungs- und Betriebstemperaturen. Um Einblick in den Reaktionsmechanismus zu bekommen und um die Aktivität zu verbessern, wurden im ersten Schritt definierte Wolfram(VI)-oxo-Oberflächen hergestellt. Dazu wurde ein Wolframkomplex thermolytisch auf eine Siliciumdioxidoberfläche aufgetragen. Das resultierende weiße Pulver besteht aus einem 1:1 Gemisch von [(≡SiO)2WO2] und [(≡SiO)4WO].

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Die 1:1 Mischung von [(≡SiO)2WO2] und [(≡SiO)4WO] ist eine Variante des industriellen (WO3/SiO2) Alkenmetathese-Katalysators mit einer definierten Struktur. In dieser Form funktioniert der Katalysator jedoch nur bei Temperaturen über 400 °C und mit einer sehr geringen Wechselzahl.

Obwohl die aktiven Metallzentren dieses Modellkatalysators wohldefiniert sind, ist die höchste Aktivität er erst bei Temperaturen oberhalb von 400 °C möglich, und dies bei einer sehr geringen Wechselzahl.

Verbesserte katalytische Aktivität durch Reduktion


Um der hohen Betriebstemperatur und der niedrigen Aktivität entgegenzuwirken wurde das Metallzentrums reduziert. Die Bildung von Nebenprodukten bei der Reduktion wurden vermieden, indem das internationale Forschungsteam auf ein metall- und salzfreies Organosiliciumreagens zurückgriff. Somit können keine Rückstände von Verunreinigungen an der Katalysatoroberfläche haften bleiben.Reduktion des definierten Modellkatalysators mit 2,3,5,6‑Tetramethyl‑1,4‑bis(trimethylsilyl)1,4‑diaza‑2,5‑cyclohexadien (Me4-BTDP) ergab einen dunkelvioletten Feststoff, der bei nur 70 °C hohe Metathese-Aktivität zeigte. Mit diesem Katalysator konnten die Olefin-Substrate cis-4-Nonen, 1-Nonen, Ethyloleat und Cycloocten umgewandelt werden.

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Reduktion des definierten (WO3/SiO2) Katalysators mit Me4-BTDP ergibt ein dunkelviolettes Pulver, das 75% der aktiven W(IV) Zentren enthält (15% der Reduzierten Spezies sind W(V) und 10% verbleiben als W(VI))

Die W(IV) Zentren, die mehrheitlich durch die Reduktion des Katalysators entstehen (75% der Spezies), sind verantwortlich für die hohe Aktivität der Alkenmetathese. Der Startmechanismus ist jedoch ein anderer als in homogenen Metathesekatlaysatoren: Zuerst wird ein Metallacyclopentan gebildet, das unter Rinkontraktion eine Alkyliden Spezies bildet. Diese sind in homogenen Katalysatoren verantwortlich für die hohe Aktivität.

Vergrösserte Ansicht: metathesis
Oben: Reaktionsmechanismus für die Alkenmetathese unter Verwendung eines homogenen Katalysators. Das Metallzentrum bleibt immer in der höchsten Oxidationsstufe. Unten: Mechanismus der Metathese ausgehend von einem W(IV) Zentrum. Das Metallacyclopentan-Zwischenprodukt erfährt eine Rinkontraktion.

Der vorgeschlagene Mechanismus zeigt, dass die Alkyliden-Spezies für den Katalysestart essentiell ist. Bildung solcher Spezies ist der limitierende Faktor bei industriellen heterogenen (WO3/SiO2) Katalysatoren, da extreme Betriebsbedingungen wie Temperaturen von ca. 400 °C erforderlich sind. Schlussendlich wurde die Reduktion auch auf die heterogene, in der Industrie eingesetzte Katalysatoren angewendet. Die Verwendung dieses Reduktionsmittels erwies sich auch bei als effizient 70 °C für die industriellen Katalysatoren WO3/SiO2 und MoO3/SiO2.

Katalysatoren: kühl, aber aktiv

Durch die Verwendung des geeigneten Reduktionsmittels, konnte das internationale Team von Forschern um Prof. Copéret (ETH Zürich) und Mashima (Osaka Universität) Metathese bei klassischen heterogenen Katalysatoren zeigen. Dies bei einer drastisch gesenkten Temperatur von 70 °C statt mehr als 400 °C. Die Reduktion der Metallzentren ermöglicht eine rasche Bildung von Alkyliden-Spezies, die die Katalysatoren genauso effizient wie ihre homogenen Gegenstücke arbeiten lässt. Dies führt zu einer verbesserten Selektivität und ermöglicht erstmals die direkte Verwendung von Biomasse um mit Hilfe der Alkenmetathese weitere Produkte herzustellen.

Pressemitteilung Osaka University externe Seite大阪大学 (japanisch)

Literaturhinweis

externe SeiteLow Temperature Activation of Supported Metathesis Catalysts by Organosilicon Reducing Agents: Victor Mougel, Ka-Wing Chan, Georges Siddiqi, Kento Kawakita, Haruki Nagae, Hayato Tsurugi, Kazushi Mashima, Olga Safonova, and Christophe Copéret. ACS Central Science 2016.

externe SeiteActivation of Supported Olefin Metathesis Catalysts by Organic Reductants
Inventors: Coperet Christophe, Mougel Victor, Mashima Kazushi, Tsurugi Hayato, Nagae Haruki.
European patent WO2016095061 (A1), 2016-06-23.

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