Die neuen Exzellenz-Stipendiaten im D-CHAB stellen sich vor

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Mit dem Excellence Scholarship & Opportunity Programme (ESOP) der ETH werden jährlich herausragende Studierende gefördert. Sie gehören zu den Jahrgangsbesten und erhalten für ihr Masterstudium an der ETH bis zu 48.000 CHF, um sich ganz auf Ausbildung und Forschung konzentrieren zu können. Was das D-CHAB betrifft, haben es 2020 drei Studierende geschafft, die Jury mit ihren Projekten zu überzeugen: Juliane Habiger, Linus Boll und Sarah Berger. 

von Julia Ecker

Juliane Habiger (Pharmazie) - #Makrozyklen

Juliane Habiger stammt aus dem Aargau in der Schweiz. Sie hat bereits ihren Bachelor in Pharmazeutischen Wissenschaften an der ETH Zürich absolviert und auch Erfahrung als Assistentin bei Laborpraktika gesammelt. „Ich finde Pharmazie spannend, weil es ein Schnittfeld aus vielen verschiedenen Richtungen ist: Chemie, Biologie, aber auch Medizin“, erzählt die Masterstudentin, „mich interessiert da eigentlich alles. Aber besonders fasziniert mich, wie viel so ein Molekül im Körper verändern kann. Dabei interessieren mich speziell die Abläufe im Körper, die durch einen Arzneistoff verändert werden.“

Juliane Habiger

Bei ihrem Masterprojekt möchte sich Juliane makrozyklische Verbindungen genauer anschauen. Über 100 Medikamente mit derartigen Verbindungen gibt es bereits und an weiteren wird gerade geforscht. „Makrozyklische Moleküle sind grössenmässig zwischen kleinen Molekülen wie Aspirin und grossen Molekülen wie etwa Proteinen anzusiedeln“, erklärt Juliane, „während niedermolekulare Verbindungen, sogenannte small molecules, in einer Bindungstasche eines Proteins Platz finden und von dort aus wirken, können die flexiblen und grösseren Makrozyklen auch zwischen zwei Proteinen wirken, also auf die Protein-Protein-Interaktion Einfluss zu nehmen, etwa als Inhibitoren.“ Speziell erforschen möchte sie N-Desmethyl-thalassospiramid C, einen wichtigen Inhibitor, der gegen die Cystein-Protease Cathepsin K wirkt. Diese spielt eine entscheidende Rolle bei der Knochenresorption durch Osteoklasten. Entsprechend wichtig sind Inhibitoren von Cathepsin K bei Krankheiten wie rheumatoider Arthritis oder Osteoporose. „Man weiss allerdings erst relativ wenig darüber, wie Makrozyklen genau wirken. Meine Masterarbeit zielt daher auf die Grundlagenforschung ab. Hauptsächlich wird es darum gehen, die Konformationsänderungen von Makrozyklen besser zu verstehen, aber die Arbeit beinhaltet auch die Synthese dieser Moleküle.“

Julianes persönliches Ziel ist es, diese sehr chemische Seite der Pharmazie genauer kennenzulernen, auch im Hinblick auf ihre Zukunft. Das Stipendium hilft ihr dabei in vielerlei Hinsicht: „Ich habe während des Bachelors viel gearbeitet, es ist also finanziell sehr entlastend und ich kann mich mehr aufs Studium konzentrieren. Es geht beim Stipendium aber nicht nur um Geld, sondern auch um Mentoring und um eine Bestätigung, dass man seine Sache gut macht.“ Zudem sei es spannend bei den Stipendiaten-Events, Leute aus ganz anderen Gebieten kennenzulernen. „Besonders schön ist es aber, wie ich bei meinem Stipendium und bei der Bewerbung unterstützt wurde, das war toll.“

Linus Boll (Chemie) - #Platin(0)Nanopartikel

„Ich bin Berliner, bin aber bereits für den Chemie-Bachelor an die ETH Zürich gekommen“, erzählt Linus. „Die ETH hat einen exzellenten Ruf und ist ein bisschen weiter weg von Berlin, mal was Neues. Daher hatte ich mich sehr über die Zusage gefreut. Den Master habe ich gleich angeschlossen, weil es mir super gefällt. Die Forschungsmöglichkeiten hier sind ja fast unbegrenzt, hat man das Gefühl.“

Linus Boll

Auch Linus konnte die Jury mit seiner Masterprojektidee zum Thema Peptid-umhüllte Platin-Nanopartikel für die Krebstherapie überzeugen. „Der Standard bei fortgeschrittenen Leberzellkarzinomen ist derzeit das Medikament Sorafenib – das wirkt relativ unspezifisch. Darum können auch gesunde Zellen angegriffen werden, was unerwünschte Nebeneffekte verursacht“, erklärt Linus. Aktuell sei man in der Therapie also noch recht limitiert, insofern sei es wichtig, neue Wege zu finden. „Daher finde ich die Platin-Nanopartikel, an denen in der Wennemers Gruppe gearbeitet wird, wahnsinnig spannend. Bisher gibt’s aber kaum Informationen darüber, wie sich diese in der Zelle genau verhalten und da setzt meine Idee an.“

Prinzipiell werden Medikamente auf Platin(II)-Basis häufig für die Krebstherapie verschrieben, jedoch ist auch ihre Wirksamkeit aufgrund von Toxizität gegenüber gesunden Zellen eingeschränkt. Man hat sich daher an einer Alternative mit Nanopartikeln versucht. „Die Wennemers Gruppe hat ein spezielles Peptid entwickelt und kürzlich berichtet, dass Platin-Nanopartikel, die mit diesem Peptid umhüllt werden, eine selektive Toxizität gegen Leberkarzinomzellen zeigen“, sagt Linus. Bekannt sei aber auch, dass Platin(0)-Nanopartikel erst oxidiert werden müssen, um cytotoxisch zu wirken. Linus möchte das Verhalten der Nanopartikel in der Zelle und insbesondere diese Oxidation mithilfe von speziellen Fluoreszenz-Sonden untersuchen. Inspiriert zu diesem Ansatz hat ihn sein Auslandssemesters an der National University of Singapore, wo er Gelegenheit hatte, in jener Gruppe mitzuarbeiten, die die Sonden entwickelt hat.

Das Stipendium sei eine immense finanzielle Erleichterung, und eine grosse Ehre: „Mindestens ebenso freut es mich aber, dass ich damit ein unglaublich tolles Netzwerk eröffnet bekomme, von dem man in vielerlei Hinsicht profitieren kann“, freut sich Linus. Dem Masterprojekt sieht er motiviert entgegen: „Wenn man neue Arbeiten übernimmt, dann sind die eigenen Erwartungen anfangs sehr gross. Natürlich klappt nie alles so, wie man es sich vorstellt, aber am Ende überwiegt dann doch die Vorfreude darauf, neue Entdeckungen zu machen. Das treibt mich an, weiterzumachen und mich von kleinen Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen.“

Sarah Berger (Interdis. Naturwissenschaft) - #IL11

Sarah ist Schweizerin und hat sich „gleich nach dem Gymi für die ETH entschieden, weil man nur hier Interdisziplinäre Naturwissenschaften studieren kann“, erzählt sie. Sarah schätzt vor allem die Wahlmöglichkeiten und Freiheiten, die dieses vielseitige Studium bietet. Angetan hat es ihr aber besonders die Immunologie, vor allem der Bereich Autoimmunkrankheiten und Krebstherapie. „Mich interessieren vor allem Zytokine – regulatorische Proteine, die für die Signalübertragung zwischen den Zellen zuständig sind“, präzisiert Sarah. Es sei spannend, wie sich diese auf die Zellen auswirken. Im Vorfeld zum Master habe sie viel recherchiert und versucht Bekanntes aus der Immunologie mit offenen Fragen in der Krebstherapie zu kombinieren.

Sarah Berger

Zum Beispiel ist bekannt, dass Krebszellen fähig sind, der Apoptose, also dem programmierten Zelltod, zu entgehen. Die Antwort auf die Frage, wie das geschieht, ist daher von massgeblicher Bedeutung, um Therapien zu entwickeln. Interleukin 11 (IL-11) – ein Zytokin der IL-6 Familie und ein bekannter hämatopoetischer Wachstumsfaktor – kann bei epidermalen Krebszellen den Apoptose-Signalweg beeinflussen und könnte insofern bei Therapien eine wichtige Rolle einnehmen. Ein möglicher Ansatz für das Masterprojekt wäre daher, den Effekt von IL-11 auf den extrinsischen Apoptose-Signalweg in Krebszellen zu untersuchen. Hier ist speziell die Beziehung zwischen IL-11, dem Tumornekrosefaktor (TNF)-α and TNF-β bei Brustkrebszellen sowie deren Empfindlichkeit bei Chemotherapien von Interesse. „Grundsätzlich stehen ja Chemotherapien zur Verfügung“, erläutert Sarah, „aber diese funktionieren nicht immer gut und haben erhebliche Nebenwirkungen. Wenn man also eine Möglichkeit hätte, den Körper zu unterstützen, sodass er den Tumor selbst besiegen kann, wäre das ideal. Tatsächlich gibt es schon verschiedene Immuntherapien, die sich bewährt haben.“

Ob die Masterarbeit dann wirklich genau in diese Richtung laufen wird, weiss Sarah noch nicht. Zunächst einmal freut sie sich auf ihre Semesterarbeit, während der sie an einem Interleukin-Rezeptor-Paar für eine spezifischere Krebsimmunotherapie forschen wird. Vorlesungen sind spannend, aber ich habe gemerkt, dass ich extrem gern im Labor stehe und selbst wähle, woran ich forschen möchte." Ihr persönliches Ziel ist es daher, Erfahrungen in verschiedenen Laboren zu sammeln, um herauszufinden, in welche Richtung es künftig gehen wird. Und das Stipendium? „Dafür bin ich megadankbar“, freut sich Sarah, „es ist viel entspannter finanziell, wenn man nicht ständig über die Miete nachdenken muss. Ich mache mir einfach weniger Sorgen und bin flexibler. Bis jetzt habe ich immer einmal die Woche in einem Geschäft gearbeitet. Dass das nun wegfällt, merke ich definitiv – ich habe mehr Zeit für die Vorlesungen und fürs Studium allgemein, aber auch für die Freizeit. Das tut mir gut.“ 

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